Hintergrundinformationen
Das Bundes-Jagdgesetz soll folgende Grundsätze verwirklichen:
I. Jagdbare Arten, Schonzeiten, Jagdmethoden
1. Schonzeiten für alle jagdbaren Tierarten
- Problem
- Derzeit gilt in mehreren Bundesländern für einige Tierarten (z. B. Füchse, Marder, Iltisse) keine Schonzeit, d. h. sie können das ganze Jahr über getötet werden, selbst dann, wenn sie Junge zu versorgen haben. Junge, die dadurch ihre Mutter verlieren, verhungern qualvoll.
Die Bejagung von Vögeln zur Balzzeit stellt auch für die nicht getöteten Tiere eine erhebliche Störung dar und hat negative Auswirkungen auf die Reproduktion. - Lösung
- Für alle jagdbaren Tierarten muss jeweils eine Schonzeit gelten, die als Minimum gewährleistet, dass säugende Muttertiere bzw. fütternde Elterntiere nicht getötet werden.
Jegliche Bejagung von Vögeln während der Balzzeit oder des Frühjahrszuges ist zu verbieten. - Erläuterung
- Anzustreben sind lange Schonzeiten auch deshalb, weil dadurch das Angsterleben von Wildtieren minimiert wird. Durch lange Bejagungszeiten (wie derzeit) erzeugt der Mensch hingegen intensive/schwere Angst bei Wildtieren.
2. Grausame Fang- und Jagdmethoden dürfen nicht angewendet werden
- Problem
- Eine Reihe von überkommenen Jagdmethoden wird weiterhin praktiziert, obwohl sie viel Tierleid hervorrufen. Das ist mit dem im Verfassungsrang stehenden Staatsziel Tierschutz nicht vereinbar.
- Lösung
-
Jedenfalls bundesweit zu verbieten sind:
- Baujagd
- Fallenjagd
- Gatterjagd
- Ausbildung von Jagdhunden und Greifvögeln an lebenden Tieren
- Erläuterung
- Für die Tötung eines empfindungsfähigen Wirbeltieres bedarf es nicht nur eines vernünftigen Grundes, sondern die Tötung hat auch so angst- und schmerzfrei wie möglich zu erfolgen. Jede Jagdpraxis, die das nicht garantieren kann, erzeugt unnötiges Tierleid und ist daher abzulehnen.
3. Gezüchtete Tiere dürfen nicht für die Jagd ausgesetzt werden
- Problem
- Vor allem Fasane und Stockenten werden noch immer zur Vergrößerung der Jagdstrecke und zum bloßen Abschieß-Zeitvertreib ausgesetzt. Einer nachhaltigen Populationsaufstockung dient das nachweislich nicht, ganz im Gegenteil sind die ausgesetzten Tiere von ihrer genetischen Konstitution bzw. Vorerfahrung für eine Aufstockung in der Regel ungeeignet.
- Lösung
- Das Aussetzen von Tieren darf nur nach strenger Biodiversitätsbeurteilung zur Populationsaufstockung mit genetisch, epigenetisch und von ihrer Vorerfahrung her geeigneten Individuen erfolgen, wobei – um einen nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten – nicht nur entsprechende Begleitmaßnahmen durchzuführen sind, sondern eine (regionale) Totalschonung dieser Tierart zu verordnen ist, bis ein günstiger Populationszustand erreicht ist.
- Erläuterung
- Das Ziel ist nicht die Begünstigung einzelner jagdlich interessanter Tierarten, sondern die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes, bzw. einer höheren Biodiversität. Tierarten, in deren Reproduktion der Mensch eingreift, unterliegen anderen Selektionsregimen als frei lebende Tiere und die jeweiligen Zuchttiere entsprechen meist nicht den lokal angepassten Genotypen –
Populationsaufstockungen
sind aus diesem Grunde immer heikel und können heimische Wild- bzw. Vogelvorkommen durch Einkreuzung genetisch gefährden.
4. Verbot der Tötung von Haustieren (Hunden, Katzen)
- Problem
- Derzeit sind Jäger:innen in manchen Bundesländern berechtigt, Hunde und Katzen bereits in wenigen hundert Meter Entfernung vom nächsten Wohnhaus zu töten. Das ist sowohl ein Tierschutzproblem als auch ein soziales Problem. Außerdem besteht die Gefahr, dass durch Verwechslung von Wölfen oder Goldschakalen mit Hunden oder von Wildkatzen mit Hauskatzen geschützte Arten getötet werden.
- Lösung
- Die Berechtigung für Jäger:innen, Hunde und Katzen zu töten, ist zu streichen. Gleichzeitig gilt es natürlich zu verhindern, dass Wildtiere durch unkontrolliert umherstreunende Hunde oder Katzen gestört oder gar getötet werden. Es wären derartige Fälle zu dokumentieren (z. B. durch Handyvideos), anzuzeigen und die Tierhalter:innen erforderlichenfalls zu sanktionieren (vor allem, um Wiederholungsfälle zu vermeiden).
- Erläuterung
-
Haustiere, insbesondere Hunde und Katzen, haben nicht nur einen Eigenwert wie alle anderen empfindungsfähigen Tiere, sondern sind zusätzlich in vielen Fällen auch Familienmitglieder. Ihre Tötung bedeutet daher nicht nur das vorzeitige, gewaltsame Ende ihres Lebens, sondern ruft oft auch große Trauer bei ihren Bezugspersonen hervor.
Für Freigängerkatzen gilt im Tierschutzrecht eine Kastrationsverpflichtung. Herrenlose Hunde und Katzen sind in Österreich Ziel von Kastrationsprogrammen, Streunerhunde gibt es in Österreich kaum.
5. Jagdbare Tierarten nach ökologischen Kriterien definieren
- Problem
- Die Listen an jagdbaren Tierarten sind nicht nur von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, sondern auch willkürlich und ökologisch unbegründet. In diesen Listen finden sich viele Tierarten, deren Bejagung unnötig und ungerechtfertigt oder sogar ökologisch schädlich ist.
- Lösung
- Die jagdbaren Tierarten sind nach klaren Kriterien in drei Managementstufen (Nutzungs-, Entwicklungs- und Schutzmanagement) einzuteilen. Als Vorbild hierfür kann die Regelung in § 7 des Jagdgesetzes von Baden-Württemberg dienen. Die ökologische Funktion aller Wildtiere ist anzuerkennen.
- Erläuterung
- Dort, wo Bejagung aus Gründen des Wald- bzw. Biodiversitätsmanagements erforderlich ist, sind Abschusspläne auf soliden Grundlagen (Wildeinflussmonitoring, Waldbegehungen, Kontrollflächen, Schälschadeninventur, Vegetationsgutachten) zu erstellen, die die Erhaltung und den Schutz der Artenvielfalt im Ökosystem in den Mittelpunkt stellen.
6. Gefährdete Tierarten sind zu schonen
- Problem
- Noch immer sind (stark) gefährdete Tierarten Bestandteil der Jagdgesetze. So nahmen z. B. die Bestände des Rebhuhns in Österreich in den letzten 20 Jahren um 75 Prozent ab. Dennoch wurden in den letzten vier Jagdsaisonen insgesamt mehr als 9000 Rebhühner erschossen.
- Lösung
- Tierarten, die in Österreich oder darüber hinaus gefährdet oder von starken Populationsrückgängen betroffen sind, dürfen nicht länger bejagt werden.
- Erläuterung
- Dazu gehören jedenfalls alle Arten, die als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft sind (z. B. Steppeniltis, Tafelente), die in der BirdLife-Ampelliste in der roten Kategorie aufscheinen (z. B. Rebhuhn, Turteltaube), die in Anhang IV der FFH-Richtlinie gelistet sind (z. B. Wildkatze), oder die einen ungünstigen Erhaltungszustand im nationalen Bericht gemäß Art. 17 FFH-RL aufweisen.
7. Keine Verwendung von Bleimunition
- Problem
- Jährlich wird die Umwelt in Österreich durch Tonnen an Blei aus Munition vergiftet. Das ist eine Gefahr für die Umwelt (Bodenvergiftung), für Tiere und nicht zuletzt auch für Menschen (Bleiverunreinigung von Wildfleisch). Tiere, die einen Beschuss mit Bleischrot überleben, können anschließend qualvoll an Bleivergiftung sterben. Adler und andere Tiere fallen dem Blei zum Opfer, wenn sie angeschossene Tiere oder Aas verzehren.
- Lösung
- Vollständiges Verbot der Verwendung bleihaltiger Munition
- Erläuterung
- Nach einer Richtlinie der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten sollte die Bleimunition bis 2017 in allen Lebensräumen durch nicht-toxische Alternativen ersetzt sein. In Österreich bekannten sich der Umweltminister und die Umweltlandesrät*innen schon 2014 zum
Ausstieg aus der Verwendung bleihaltiger Munition
. Dennoch ist bisher nur in Feuchtgebieten die Verwendung von Bleimunition untersagt.
8. Ökologische Grenzen respektieren
- Problem
- In einigen Bundesländern sehen die Jagdgesetze (verpflichtende) Rot- und Rehwildfütterungen vor. Wenn Wildtiere ähnlich wie landwirtschaftlich genutzte Tiere gefüttert werden, bringt das eine Vielzahl an Problemen mit sich. Im Winter stellt sich der Stoffwechsel der Tiere um und ist dann nicht auf nährstoffreiches Futter ausgelegt. Im Bereich der Fütterungen können sich vermehrt Krankheiten (Parasiten, Tuberkulose usw.) ausbreiten. Letztlich zielt die Fütterung auf Trophäenmaximierung und vergrößert das Problem der Wildschäden im Wald. Österreich hat europaweit die höchsten Rot- und Rehwilddichten, was der Entwicklung naturnaher Wälder entgegensteht.
- Lösung
- Schrittweises Beenden der verpflichtenden Winterfütterung bis 2030, danach generelles Fütterungsverbot; Wildtierdichten sollen dem Lebensraum angemessen sein. Allen Tierarten muss es möglich sein, tierartspezifische Verhaltensweisen auszuleben. Dazu gehören auch physiologische Überlebensstrategien im Winter. Das Angebot an Lebensräumen für Wildtiere und die Habitatqualität (v.a. Verfügbarkeit natürlicher Nahrung und Deckung) müssen wieder verbessert werden.
- Erläuterung
- Fütterung ersetzt keinen Lebensraum. Rot- und Rehwildbestände, die aufgrund von Fütterung über die ökologische Tragfähigkeit der Lebensräume hinausgehen, schaden dem Wald und auch der Wildpopulation selbst. Stattdessen sollen die natürlichen Selektionsbedingungen (Evolution) so weit wie möglich zugelassen und damit die Gesundheit der Wildbestände gefördert werden.
9. Ausnahmen
- Problem
- Besondere Umstände können es punktuell erforderlich machen, von den oben genannten Grundsätzen abzuweichen. Dazu zählen extreme Notzeiten, die begrenzte Ausnahmen vom Fütterungsverbot erforderlich machen können.
- Lösung
- Örtlich und zeitlich begrenzte Ausnahmen von den obigen Punkten können gewährt werden, wo es aus übergeordnetem öffentlichem Interesse erforderlich ist. Ein solches muss wissenschaftlich fundiert geprüft werden, also tatsächlich gegeben sein.
- Erläuterung
- Dabei müssen im Sinne der Aarhus-Konvention die Parteirechte von anerkannten Umweltorganisationen als Träger öffentlicher Belange berücksichtigt werden, um zum einen deren Erfahrungswerte in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen und zum anderen auch die Transparenz der Entscheidungsgrundlagen zu gewährleisten.
II. Jagdwesen
10. Bundesweite Jagdkarten
- Problem
- Derzeit gelten Jagdkarten nur für ein Bundesland. Wer in Revieren in mehreren Bundesländern jagt, muss mehrere Jagdkarten lösen und den damit verbundenen finanziellen und organisatorischen Aufwand tragen.
- Lösung
- Jagdkarten (inkl. Versicherungsschutz) sollen bundesweite Gültigkeit bekommen. Ebenso muss auch der Verlust der Jagderlaubnis bei Wildtierkriminalität und schweren Verstößen gegen das Bundes-Jagdgesetz im gesamten Bundesgebiet gelten.
- Erläuterung
- Die Zersplitterung des Jagdrechts in neun Einheiten ist kostenaufwendig und ineffizient. Es benötigt auch kein KFZ-Fahrer neun Nummerntafeln und neun verschiedene Versicherungen, um in ganz Österreich sein Fahrzeug lenken zu können.
11. Abschaffung der gesetzlich verpflichtenden Trophäenschau
- Problem
- Noch immer findet eine Selektion nach Geweih- und Körpermerkmalen statt, das bedeutet, eine
Auslese
erfolgt primär nur nach den gewünschten Merkmalen der Trophäe und nicht nach ökologischen bzw. biologischen Prämissen. - Lösung
- Abschaffung der behördlichen Pflicht-Trophäenschauen (
Hegeschauen
) und Geweihbewertungen; natürliche Geweih- bzw. Trophäenentwicklung i.S.v. standort- und lebensraumangepasster Geweihbildung ermöglichen. - Erläuterung
- Trophäenschauen bewirken eine völlig falsche Prioritätensetzung. Im Ergebnis wird ein Wettrennen um die stärkste Trophäe unterstützt.
12. Wirksame Verfolgung von Wildtierkriminalität
- Problem
- Wildtierkriminalität, wie z. B. illegale Abschüsse von Adlern oder das Auslegen von Gift, wird derzeit kaum verfolgt, und wenn doch einmal ein Täter oder eine Täterin ausgeforscht wird, kommt er/sie meist ohne oder mit einer geringfügigen Strafe davon. Somit besteht keine Abschreckungswirkung, was sich in konstant hohen Zahlen solcher Verstöße niederschlägt.
- Lösung
-
Für eine wirksame Verfolgung von Jagdvergehen sind folgende Maßnahmen umzusetzen:
- Schulung von Staatsanwält:innen, Richter:innen und Verwaltungsbehörden in Bezug auf Jagdvergehen
- Reform des Jagdaufsichtsystems, inkl. externer Überprüfung (z. B. Umweltanwaltschaften als Supervision)
- Kontrolle der Abschüsse (Grünvorlage) durch Grundeigentümer; Kontrollorgane dürfen nicht die Jäger:innen selbst sein
- Bei schwerer Wildtierkriminalität auch Sanktionierung der Pächter*innen (z. B. mehrjähriger Entzug der Jagdausübungsberechtigung)
- Tote Exemplare nicht jagdbarer oder ganzjährig geschonter Arten müssen für behördliche Untersuchungen zugänglich gemacht werden.
- Verpflichtung für Präparatoren, dass sie Tiere gefährdeter Arten nicht ohne behördliche Bestätigung annehmen dürfen
- Erläuterung
- Wildtierkriminalität ist kein Kavaliersdelikt, das mit Achselzucken beantwortet werden kann! Das Problembewusstsein über die Folgen dieser kriminellen Verhaltensweisen ist leider unterentwickelt. Eine Bewusstseinsschärfung wird durch eine wirksame Verfolgung von Straftaten erreicht.
13. Überbetriebliche Eigenjagd
- Problem
- Grundeigentümer werden, sofern sie nicht über Grund und Boden in Eigenjagdgröße verfügen (unterschiedlich je nach Bundesland, meist 115 ha), zu Zwangsgenossenschaften zusammengefasst. Dadurch haben sie keinen Einfluss auf die Ausführung der Jagd auf ihrem eigenen Grund.
- Lösung
- Ermöglichung gemeinsamer Eigenjagden auf Basis der gesetzlichen Eigenjagdgröße durch Zusammenschluss mehrerer angrenzender Grundbesitzer.
- Erläuterung
- Dadurch wird Grundeigentümern die Möglichkeit gegeben, die Grundsätze der Bejagung auf ihrem Grund und Boden im rechtlichen Rahmen zu beeinflussen. Der Jagdleiter wird in diesem Fall von den Grundeigentümern bestellt und hat die Funktion eines Jagdverwalters.
14. Eigenbewirtschaftung
- Problem
- Derzeit besteht für Grundeigentümer in mehreren Bundesländern ein Zwang, ihre Flächen zur jagdlichen Bewirtschaftung zu verpachten, und dies über viele Jahre am Stück (in NÖ: 9 Jahre).
- Lösung
- Aufhebung des Verpachtungszwanges für genossenschaftliche Jagdgebiete – Möglichkeit der Eigenbewirtschaftung durch die Grundeigentümer nach Vorarlberger und Tiroler Vorbild.
- Erläuterung
- Durch die Aufhebung des Verpachtungszwanges wird dem Grundbesitzer ermöglicht, zwischen Eigenbewirtschaftung und Verpachtung zu wählen. Im Falle der Eigenbewirtschaftung werden alle interessierten Jäger, bevorzugt ortsansässige Grundeigentümer, mittels Revierbegehungsscheinen in die Jagd eingebunden.
Sie können den vollständigen offiziellen Text als PDF-Datei auf der Webseite des Innenministeriums einsehen.