Die Fasanenjagd ist eine Grausamkeit ohne jede ökologische Berechtigung

David Richter im Interview zum Züchten, Aussetzen und Abschießen von Jagdfasanen

Im Jagdjahr 2022/23 wurden in Österreich 52 300 Fasane durch Jäger:innen getötet.1 Noch immer werden Fasane (Phasianus colchicus) zur Vergrößerung von Jagdstrecken und zur bloßen Abschießbelustigung ausgesetzt. Mit David Richter, VGT-Campaigner in der Steiermark und Experte für Jagd-Beobachtungen, haben wir über die faszinierenden Hühnervögel und das Tierleid, das Fasanenjagden verursachen, gesprochen.

Wie sind Sie auf Fasanenjagden aufmerksam geworden und wie lange verfolgen Sie diese Jagden bereits?

Im Jahr 2012 bin ich von Wien in die Steiermark aufs Land gezogen. An einem Samstag im Herbst hörte ich Schüsse. Nicht einen oder mehrere, sondern zahllose. Ich habe mir eine Kamera geschnappt und bin mit dem Fahrrad zum Ort des Geschehens gefahren. Dort habe ich zum ersten Mal eine Treibjagd auf Fasane gesehen. Seither beschäftige ich mich mit diesem Thema.

Was sollte man über die Jagd auf Fasane wissen?

Die Hühnervögel fliegen nicht gerne, sie laufen lieber. Wenn sie fliegen, dann flach und in einer Linie. Dadurch sind sie leider optimale Zielscheiben, auch für schlechte Schütz:innen. Sie werden mit Schrot beschossen, d.h. es werden pro Schuss etwa 200 giftige Bleikügelchen abgefeuert, um die Tiere im Flug zu treffen. Hier geht es rein um den Spaß am Jagen und Töten. Aus ökologischer Sicht sind Fasanenjagden widersinnig. Die ausgesetzten Tiere sind von ihrer genetischen Konstitution bzw. Vorerfahrung für eine Populationsaufstockung in der Regel ungeeignet., 2, 3

Woher stammen die ausgesetzten Fasane?

Wir haben in Österreich neun Landesjagdgesetze mit verschiedenen gesetzlichen Regelungen bei gleichen Themen. In der Steiermark müssen solche Fasane "lokal" aufgezogen und über sogenannte Biotope ausgewildert werden. Das klingt weit besser, als es in der Praxis ist. Schon mehrmals konnte ich beobachten, wie Fasane auch aus dem nahen Ausland geholt und teilweise kurz vor der Jagd illegal ausgesetzt wurden. Auch aufgrund der Anzahl der getöteten Tiere bezweifle ich, dass die Jagdopfer natürlich im Jagdgebiet aufgewachsen sind.

Wo finden Fasanenjagden mit welcher Begründung statt?

Fasanenjagden finden überall statt, wo es nur irgendwie möglich ist. Um einen natürlichen Lebensraum nachzuahmen, werden eigens Plätze wie Wiesenstreifen, Sträucher und schmale Maisfelder angelegt. Die Begründung für Fasanenjagden sind die Legalität dieser Jagd und der angebliche Verzehr des Fleisches. Der Hauptgrund ist meiner Meinung nach der Spaß am Jagen und Töten, demonstratives Vernichten von Leben!

Welche Erlebnisse einer Fasanenjagd haben Sie besonders berührt?

Kürzlich habe ich beobachtet, wie ein kleines Stück eines Maisfeldes von etwa 30 Personen umstellt wurde. Ein Fasan flog in die Höhe und war eingekesselt. Der Hahn wusste nicht, in welche Richtung er fliegen sollte, also stand er kurz in der Luft. Sofort wurde er von mehreren Jäger:innen erschossen. Es ist so unfassbar grausam, was jeden Herbst, scheinbar gesetzeskonform, an so vielen Orten in Österreich geschieht.

Welches Leid wird den Tieren angetan?

Zuerst werden Fasane wie Haushühner behandelt. Dann werden sie in eine Natur entlassen, mit der sie keinerlei Erfahrung haben. Sie hatten keine Eltern, die sie für ein Überleben in freier Wildbahn vorbereitet haben. So verhungern Fasane oder werden zu leichter Beute für Beutegreifer. Am Tag der Jagd werden sie von schreienden Menschen und Jagdhunden aus ihren Verstecken getrieben und zum Fliegen gezwungen. Viele Fasane werden von den Bleikugeln nur verletzt, andere getötet. Manchmal finden in einem Jagdrevier mehrere Jagden über Wochen verteilt, statt. Ein unglaublicher Stress für überlebende Individuen.

In welcher Form werden Jagdhunde bei der Fasanenjagd eingesetzt?

Jagdhunde werden benutzt, um Fasane aus ihren Verstecken aufzuscheuchen, aber auch, um verletzte und tote Tiere zu bringen. Meist geschieht letzteres aber erst, nachdem sich die Aufregung der Hunde nach dem Aufscheuchen beruhigt hat. Daher kommt es vor, dass verletzte Tiere minutenlang mit dem Tod kämpfen, bevor sie eingesammelt werden.

Wie sieht der natürliche Lebenszyklus eines Fasans aus?

Die Paarungszeit der Tiere ist von April bis Juni. Weibliche Fasane legen im zweiten Lebensjahr 8-16 olivbraune Eier, die sie 3,5 Wochen lang ausbrüten. Fasane könnten 8-15 Jahre alt werden. In der Steiermark dürfen sie schon im ersten Lebensjahr erschossen werden. Überlebende Tiere finden sich aber oftmals in der Natur nicht zurecht und schaffen auch keine Eiablage. Deswegen werden Fasane in den Jagdrevieren jährlich für herbstliche Jagdstrecken ausgesetzt.

Worin sehen Sie Möglichkeiten, die Jagd auf Fasane zu stoppen?

Wichtig ist es, JETZT gegen diese Tierquälerei zu mobilisieren – besonders in den Ortschaften, in denen Fasane ausgesetzt und dann erschossen werden. Wenn wir entsprechende Informationen zu Fasanerien und Jagdtermine gemeldet bekommen, können wir die Jagden dokumentieren und die Einhaltung der Gesetze überprüfen. Im Rahmen des Volksbegehrens für ein einheitliches Bundes-Jagdgesetz treten wir für ein Ende der Aussetz- und Abschusspraktik mit gezüchteten Tieren ein.

Was fasziniert Sie an Fasanen?

Zweifelsohne sind Fasane sehr schöne Vögel, besonders das Federkleid der männlichen Tiere ist sehr auffallend. Aber der Grund, weshalb ich mich mit dieser Tierart so intensiv beschäftigte, ist die Grausamkeit, mit der ihr begegnet wird. Und immer, wenn ich am Nachhauseweg einen Fasan sehe, empfinde ich das als Aufruf, nicht locker zu lassen und mich weiter gegen das sinnlose Töten zu engagieren!

Vielen Dank für das Interview!

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Quellen

  1. Jagdstatistik 2022/23, Statistik Austria [30.01.2024]
  2. Hackländer, K. (2014): Auswilderungen: teuer, aufwendig und wirkungslos. Österreichs Weidwerk, 6/2014.
  3. PK zum Aussetzen gezüchteter Wildtiere